Tagpfauenauge – von der Raupe zum Schmetterling

Die Metamorphose – ein Wunder der Natur

Foto: Anke Klusen

Tagpfauenauge

Jeder kennt sie: Die bunten, schillernden Tagfalter. Einer dieser Schmetterlinge ist das Tagpfauenauge (Inachis Io). Dieser Falter gehört zu den Edelfaltern und ist an seinen großen Augenflecken auf allen vier Flügeln leicht zu erkennen.

Doch kaum jemand hat die Verwandlung der Raupe zum Schmetterling beobachten können, auch ich nicht. Das hat sich aber mit einem Anruf vom 18.Juli 2020 schnell geändert. Die Frage war, ob ich Raupen vom Tagpfauenauge aufziehen möchte. Klar, gar keine Frage, das mache ich gerne. Drei Tage später zogen die Raupen in einem Aerarium (ein würfelförmiger Behälter aus ganz feinem Netz) bei mir ein. Auf den ersten Blick sah ich nur Brennnesselblätter, doch beim genaueren Hinsehen auch die etwa 1,5 cm kleinen schwarzen, haarigen Raupen.

 

Am nächsten Morgen habe ich das Aerarium gesäubert, indem ich die trockenen Brennnesseln vorsichtig herausnahm und in eine große Wanne legte. Auch das Küchenkrepp, das am Boden des Behälters lag, musste raus, denn dort fand ich die zahlreichen schwarzen Kotkügelchen der verfressenen Raupen. Raus damit, frisches Küchenkrepp und eben gepflückte Brennnesseln hinein, dabei immer einige aufrecht im Aerarium platziert. Zum Schluss die 52 Raupen hinein, die sich bei Bewegung von den vertrockneten Blättern fallen ließen und ich sie so leicht ins frische Grün legen konnte. Das war alles, was ich täglich für die emsigen, wuseligen Raupen tun konnte. Lustig war: Es war deutlich zu hören, wenn die Raupen fraßen.

 

Die Raupen haben sich in regelmäßigen Abständen gehäutet, wonach sie immer etwas größer wurden und mehr kleine, helle Tupfen auf dem Rücken bekamen. Nach acht Tagen täglich frischer Blätter konnte ich den Vorgang der Verpuppung beobachten. Dabei hängten sich die Raupen, die zu diesem Zeitpunkt etwa 4,5 cm lang waren, mit Hilfe eines Spinnfadens kopfüber an das Dach des Aerariums oder die Brennnesseln.  Zuerst konnte ich ein leichtes Pendeln der Raupen ausmachen. Dann öffnete sich plötzlich die schwarze Haut am Kopf der Raupe und etwas Grünes kam zum Vorschein. Die Haut platzte immer weiter auf, bis sich die Puppe befreit hatte. Die Puppen (Stürzpuppen) mussten sich wiederum am Spinnfaden verhaken und durch kreisende Bewegungen wurde die leere Raupenhaut komplett abgestreift.

 

Am zehnten Tag waren alle Raupen verpuppt. Die Puppen waren hellgrün gefärbt mit metallfarbenen Flecken und hatten auf der Bauchseite zwei Reihen glänzender Dornen. Allmählich änderte sich die Farbe der Puppen, bis sie graugrün oder braun waren.

 

Nach acht Tagen als Puppe schlüpften endlich die Falter. Auch davon wollte ich Fotos machen, doch alle 43 Falter sind während meiner Abwesenheit geschlüpft. Schade, das hätte ich so gerne gesehen. Es war eine sehr schönes Erlebnis, das ich nicht vergessen werde. Danke an Peter Kunz, der mir die Raupen überlassen hat.

Insgesamt konnte ich 43 Tagpfauenaugen in die Natur entlassen, von denen sicherlich sehr viele schon im Raupenstadium dem Mäher, der Trockenheit oder Fressfeinden zum Opfer gefallen wären.

Anke Klusen